30/10/2025 0 Kommentare
Oxford - Gemeindeausflug - Ein Rückblick
Oxford - Gemeindeausflug - Ein Rückblick
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Oxford - Gemeindeausflug - Ein Rückblick
Am Sonntag, den 19. Oktober 2025, beteiligten sich 20 Oxforder Gemeindeglieder an einem Gemeindeausflug nach Coventry, um in der dortigen Kathedrale am Ökumenischen Festgottesdienst aus Anlass der Gründung der Coventrier deutschen Gemeinde vor 75 Jahren teilzunehmen.
Vor dem Gottesdienst in der 'Chapel of Unity', einer Kapelle, die extra dafür entworfen und gebaut wurde, damit sich Christen aller christlichen Glaubensrichtungen dort zum gemeinsamen Gebet, zum gemeinsamen Gottesdienstfeiern treffen können, gab es die Möglichkeit, an einer Führung durch die neuerrichtete Kathedrale teilzunehmen.
Die mittelalterliche Coventrier Kathedrale wurde durch den Bombenangriff der nazideutschen Luftwaffe auf die Stadt Coventry, der zynischerweise 'Mondscheinsonate' hieß, am 14. November 1940 fast völlig zerstört.
Die mahnende Ruine, in der eine Bronzestatue 'Die Versöhnung' steht, und an deren Eingang die Plakette '...nation shall not lift up sword against nation, neither shall they learn war any more. Micah 4.3.' ('Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Micha 4.3.') ist, sind der Ausgangspunkt. Gleich gegenüber befindet sich der impossante Neubau der Kathedrale, ausgeführt durch den Architekten Basil Spence. Welch ein Zufall! Ein Gemeindeglied kannte den Architekten persönlich als Vater eines Mitschülers.
Die Grundidee für den Neubau der Kathedrale, Erinnerung und Hoffnung, die der Architekt so mannigfaltig in der Kathedrale umgesetzt hat, sind überall erfahr- und sichtbar. Nach elfjähriger Bauzeit wurde die Kathedrale 1962 geweiht.
Durch eine breite Glasfront mit eingravierten fliegenden Engeln und schwebenden Heiligen eröffnet sich der weite Blick in die große, einladende Kathedrale. Ganz vorn ist das Baptisterium, die Taufkapelle, geprägt von einem bodenlangen Tauffenster aus verschiedenen Buntglasfenstern. Ein sehr imposanter, eindrücklicher Anblick: insbesondere die riesig große Herzform aus verschiedenen Gelbtönen. Darunter ein gewaltig großer Taufstein aus Bethlehem, der wie so vieles in dieser Kathedrale der Hoffnung und Zuversicht seine eigene bewegende Geschichte hat.
Sehr beeindruckend und ausdrucksstark auch die Tapisserie hinter dem Altar. Dieser Gobelin besteht nur aus einem Stück gewebten Stoff, der so groß wie ein Tennisfeld ist, die Ausmaße von 23 m in der Höhe und 12 m in der Breite hat. Auf einem 500 Jahre alten Webstuhl wurde es in Handarbeit in zwei Jahren in Südfrankreich nach dem Entwurf des Künstlers Graham Sutherland angefertigt. Das gewebte Wolltuch ist etwa 1 Tonne schwer. Der dargestellte Christus lässt viel Spielraum für eigenes Nachdenken und individuelle Interpretation.
Es gab so viel zu sehen, zu erfahren und zu bestaunen, dass der Platz dafür leider nicht ausreicht.
Die Coventrier Kathedrale ist für ihre Friedens-und Versöhnungsarbeit weltbekannt. Ein Symbol ist das Nagelkreuz (Cross of Nails). Am Tag nach dem verheerenden Bombenangriff fand ein Geistlicher in dem Schutt der zerstörten Kathedrale drei ineinander verschränkte Nägel aus dem mittelalterlichen Gebälk in der Form eines Kreuzes. Dies sah er als Zeichen Gottes zur Vergebung an. Daraus entwickelte sich die Idee, der Wunsch nach Frieden und Versöhnung.
Gemeinsam mit humanistisch denkenden Frauen und Männern sowohl in Coventry als auch in Oxford wurde dadurch der Grundstein für eine menschliche Aktion, das Handreichen dem Gegner als Zeichen für Frieden und Versöhnung gelegt. Aus diesen Gedanken heraus entwickelte sich auch die Idee der Städtepartnerschaften wie auch der Charitybewegung, um Menschen im ehemaligen Feindesgebiet helfend und friedliebend gegenüberzutreten.
Nagelkreuze gibt es heutzutage in vielen Teilen der Welt. Das erste wurde 1947 an die Kieler Nikolaikirche gegeben. Seitdem gibt es in mehr als 45 Orten in Deutschland, in Ost und West, vornehmlich Kirchen, in denen sich ein Nagelkreuz als Zeichen für Frieden und Versöhnung befindet. Bekannt sind u.a. die Berliner Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche, die Dresdener Frauenkirche, die Hamburger St. Nikolaikirche und die Potsdamer Garnissionskirche.
In der zweiten Oktoberhälfte dieses Jahres kommen Kirchen in Kassel, Frankfurt/M und Weinheim dazu.
Den Abschluss bildete der Festgottesdienst.
Pfarrer Kai Thierbach, der die deutschsprachigen Lutherischen Gemeinden in den Westmidlands, in Südengland, in Wales und in Südwestengland betreut, verwies noch einmal in seiner Predigt darauf, dass die Coventrier deutsche Gemeinde von Pastor Adolf Kurtz, der auch gleichzeitig Pfarrer in Oxford war, mitbegründet wurde. Versöhnung und Gastfreundschaft hängen sehr eng zusammen, sagte Pfarrer Thierbach. Ein wichtiger Bestandteil dieses Bündnisses sei auch das Lernen.
Viele Gruß-und Dankesbotschaften wurden ausgetauscht wie auch sehr bewegende persönliche Berichte. Eines unserer ältesten Gemeindeglieder hat die Mehrzahl ihrer Lebensjahre in der deutschen Gemeinde Coventry, wo ihre Kinder getauft wurden und ihre Mutter bis ans Lebensende die musikalische Begleitung der Gottesdienste am Klavier gestaltete, als auch in unserer Oxforder Gemeinde erlebt.
Es war ein Moment, um Geschichte mit Zeitzeugen zu erfahren.
Dies war ein rundherum gelungener Ausflug. Vielen, vielen Dank, Lucie, dass Du uns auf dieses wichtige Ereignis aufmerksam gemacht und die Reise vorbereitet hast. Dieser Tag wird allen Teilnehmern, den älteren Kindern, den Konfirmanden und ihren Eltern als auch den älteren Gemeindegliedern lange in Erinnerung bleiben.
Text und Bild: Patricia Zachhuber
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